Suchtprobleme der Eltern
In Deutschland leben bis zu zwei Millionen Kinder im Alter bis zu 18 Jahren mit alkoholabhängigen Eltern und etwa 30.000 mit Eltern, die von illegalen Drogen abhängig sind.
Dies sind Dunkelziffern. Kinder, die von anderen Abhängigkeiten der Eltern betroffen sind, sind hier noch nicht eingerechnet.
Studien zeigen, dass 30 % dieser Kinder akut gefährdet sind, selbst wieder eine Suchtkrankheit zu entwickeln.
Töchter sind dabei einem höheren Risiko ausgesetzt als Söhne - und das Risiko erhöht sich um ein Vielfaches, wenn beide Eltern belastet sind und zum Beispiel trinken.
Abhängige Eltern bzw. suchtbelastete Familien sind also keine soziale Minderheit und müssen deshalb, insbesondere auch im Interesse der Kinder, gesellschaftlich wahrgenommen und durch entsprechende Hilfen unterstützt werden.
Wie wirkt sich die Abhängigkeit auf die Kinder aus?
Worauf sollten abhängige Eltern achten?
Welche Hilfen gibt es für abhängige Eltern?
Wie wirkt sich die Abhängigkeit auf die Kinder aus?
Die meisten abhängigen Eltern lieben ihre Kinder und sind
sehr darum bemüht, ihre Abhängigkeit und die daraus
erwachsenden Folgen von ihnen fern zu halten.
Trotzdem ist die Sucht eine "Familienkrankheit", von der
immer alle Familienmitglieder betroffen sind. Es ist eine
Illusion, wenn betroffene Eltern meinen, die daraus entstehenden Probleme unter sich ausmachen zu können, denn selbst unter optimalen materiellen Voraussetzungen kann dies nicht gelingen.
So sind die meisten früher oder später mit Schuldgefühlen konfrontiert, wenn sie sich die Folgen eingestehen müssen: Schon kleine Kinder bekommen
mit, wenn der Vater unbeherrscht oder die Mutter nicht ansprechbar ist und leiden darunter, wenn der Vater oder die Mutter oder beide "mal wieder so komisch sind". Sie
erleben mit, dass der Vater die Mutter schlägt, wenn er getrunken hat oder die Mutter das Haushaltsgeld für Alkohol ausgibt und die Kinder belügt oder sich selbst überlässt.
Trotzdem lieben die Kinder ihre Eltern bedingungslos, oft loyal bis zur Selbstaufgabe, und geben sich die Schuld an dieser für sie auswegslosen Situation, indem sie glauben, mit ihrem Verhalten die Situation beeinflussen zu können.
Je nach Temperament, Position in der Geschwisterfolge und ob Junge oder Mädchen übernehmen die Kinder unbewusst bestimmte "Aufgaben" in der Familie, um die
Familie zusammenzuhalten und um die Ausfälle bei den Eltern auszugleichen. Ältere Töchter übernehmen meist die Verantwortung für den Haushalt und die jüngeren Geschwister. Söhne sind oft die "Clowns", um von den Sorgen abzulenken, oder "Sündenböcke", um die Schwäche der Eltern zu kaschieren.
Manche Kinder halten den Druck zu Hause auf die Dauer nicht aus und entziehen sich immer mehr, indem sie bei Verwandten oder Freunden Unterschlupf suchen oder auch mehr oder weniger obdachlos auf der Strasse leben.
Größere Kinder schämen sich für die Situation zu Hause und vermeiden daher, Freunde mitzubringen. Sie verlieren so immer mehr den Kontakt zu Gleichaltrigen und isolieren sich - auch weil sie den oft unausgesprochenen Auftrag der Eltern spüren, sich niemandem anzuvertrauen, um nicht die Familie zu gefährden bzw. das Sorgerecht zu riskieren.
Bleibt die Sucht der Eltern auf die Dauer ein "Familiengeheimnis", so haben die Kinder seelisch und sozial die Folgen zu tragen:
Sie leben in ständiger Angst vor Trennung;
sie leiden unter Scham- und Schuldgefühlen;
sie misstrauen ihren Gefühlen, weil sie keine
sie leiden unter Scham- und Schuldgefühlen;
sie misstrauen ihren Gefühlen, weil sie keine
verlässlichen Gefühle kennen gelernt haben;
sie leben in Überforderung und steter Anspannung;
sie haben ihre Antennen stets nach außen gerichtet
und finden nur schwer zu sich selbst;
sie leiden oft unter Konzentrationsmangel und
Ruhelosigkeit;
sie sind oft isoliert und können keine Freundschaften
eingehen und pflegen;
sie haben gelernt, Verantwortung zu tragen und sind
oft gezwungenermaßen ihrem Alter voraus;
sie haben meist sehr sensible und soziale
Fähigkeiten, die sie unter entlastenden Bedingungen
für das Leben stark machen könnten.
Dabei kommt es darauf an, den Teufelskreis der Sucht so früh wie möglich zu durchbrechen, denn gerade auch schon während der Schwangerschaft besteht ein hohes Risiko für abhängige Frauen und die ungeborenen Kinder.
Schon mit dem Rauchen wird die Entwicklung des Kindes unter Umständen schwer gehemmt, was zu Frühgeburt und Entwicklungsverzögerungen führen kann; bei Alkoholabhängigkeit kann eine Alkohol-Embryopathie, d.h. eine unheilbare geistige und körperliche Behinderung entstehen. Beim Konsum von illegalen Drogen bzw. von Ersatzstoffen kommen die Kinder meist abhängig und mit Entwicklungsverzögerungen zur Welt, was ihren Start ins Leben sehr erschwert und sie oft fürs Leben zeichnet.
Wichtigstes Gebot ist deshalb die ärztliche Begleitung und Überwachung der Schwangerschaft.
Worauf sollten abhängige Eltern
achten?
Abhängige Eltern haben die besten Vorsätze und meinen, "es irgendwie zu schaffen". Dabei unterschätzen die meisten ihre Krankheit, denn ohne kompetente bzw. professionelle Hilfe stoßen sie bald an die Grenzen, die die Sucht setzt.
Die Befriedigung der Sucht duldet keinen Aufschub, auch wenn der Säugling schreit oder das Kind in die Schule muss. Wenn die Sucht nicht therapiert wird, kommt es
zwangsläufig immer zu der Konfrontation zwischen dem "Suchtdruck" und der verantwortlichen Versorgung der Kinder.
Ist diese auf Dauer nicht gewährleistet und am Ende das Kindeswohl gefährdet, muss das Familiengericht über das Sorgerecht entscheiden. Dies ist meist auch für die Kinder eine traumatische Situation.
Wenig hilfreich ist auch der Versuch, die Abhängigkeit
nach außen zu vertuschen und der Familie ein Schweigegebot aufzuerlegen.
Sucht verlängernd wirkt sich auch aus, den oder die Abhängige zu entschuldigen oder für ihn einzuspringen oder für Schäden aufzukommen. Dies alles entlastet den Süchtigen und belastet die Angehörigen.
Es kommt also darauf an - und es führt kein Weg daran vorbei, sich die Suchtkrankheit einzugestehen und professionelle Hilfe zu organisieren.
Welche Hilfen gibt es für abhängige Eltern?
Die Sucht ist als Krankheit anerkannt, und deshalb wird
die Suchttherapie auch von den Krankenkassen bezahlt.
Für die Therapie gibt es anerkannte und spezielle
Beratungsstellen und Fachkliniken.
In der Regel setzt sich die Therapie aus einer körperlichen Entzugsbehandlung und einer
anschließenden stationären oder ambulanten Psychotherapie zusammen mit anschließender Nachsorgebegleitung.
Während es früher für abhängige Mütter schwierig war, ihr Kind mit in die Therapie zu nehmen, gibt es heute Mutter-Kind-Einrichtungen, wo auch die Kinder betreut werden und die Mutter-Kind-Beziehung gefördert wird.
Je nach individuellen Voraussetzungen sind auch
ambulante Therapien möglich. Diese schließen bei der
Abhängigkeit von illegalen Drogen meist eine Methadon-Behandlung mit ein.
Im Vorfeld der Therapie kann auch das Jugendamt Hilfe durch die Allgemeine Bezirkssozialarbeit oder die Sozialpädagogische Familienhilfe bieten. Das Jugendamt kann auch für die vorübergehende Unterbringung der Kinder sorgen, falls dies notwendig werden sollte.
Daneben gibt es in den größeren Gemeinden immer mehr Suchtberatungsstellen mit Angeboten für Kinder abhängiger Eltern und Eltern-Kind-Angebote.
Vielerorts sind auch Hilfe-Netzwerke im Aufbau begriffen, in die auch Schulen und Kindergärten einbezogen sind.